Während meiner ersten Jahre im Vorstand setzte ich mich voller Überzeugung für den Verband ein, den ich als Antrieb der Veränderung ausserordentlich schätzte. Anschliessend lag meine Priorität während 8 Jahren als Präsident beim Lobbying im Sinne der Entwicklung der Schlagkraft, die uns Unternehmern ermöglichen sollte, in den Debatten unser Gewicht einzubringen und diejenigen Themen ins Zentrum der Diskussionen zu stellen, die unsere Realität missachten und unseren Alltag immer komplexer machen. Es ging darum, der Stimme der Bauwirtschaft laut und deutlich Ausdruck zu verleihen, klare und präzise Stellungnahmen abzugeben (auch wenn diese manchmal nicht im Sinn der Entscheidungsträger waren) und dabei immer die Vertretung der Interessen von uns allen im Auge zu behalten.
In der Stunde der Bilanz – denn die ist notwendig, auch wenn ich in den Augen meiner jungen Kollegen das selbe Leuchten sehe, das auch in meinen Augen zu sehen war – scheinen mir zwei Dinge von Bedeutung zu sein.
Erstens bin ich überzeugt, dass es völlig illusorisch war zu glauben, diejenigen Fragen definitiv regeln zu können, die eigentlich als strukturelle Probleme unserer Branche anzusehen sind. Diesbezüglich ist die aufmerksame Lektüre der Geschichte unseres Verbands aufschlussreich. Das Buch der Historikerin Delphine Debons illustriert das perfekt: Die Frage der negativen Preisspirale, jene des Kampfes gegen den unlauteren Wettbewerb, sowie die Sorgen um den Nachwuchs und die beruflichen Qualifikationen beschäftigten vor mehr als einem Jahrhundert bereits die Gründer des WBV. Genau diese Fragen beanspruchten während der letzten 16 Jahre auch unsere Aufmerksamkeit. Und sie werden uns mit Sicherheit überleben. Diese Feststellung steht natürlich nicht in Zusammenhang mit einem Misserfolg. Es ist die einfache Anerkennung der Tatsache, dass gewisse Probleme untrennbar mit dem Leben unserer Unternehmen verbunden sind. Diese Feststellung ermöglicht uns, die notwendigen Anstrengungen, die wir im Vorstand des WBV Sitzung für Sitzung und Jahr für Jahr unternehmen, ins richtige Verhältnis zu setzen, um dieses negative Gewicht, das seit so langer Zeit auf unserer Branche liegt, nach Möglichkeit in eine andere Richtung zu lenken.
Zweitens konnten die Lobbyingaktionen erst richtig durchdringen, als sie kohärent und abgesprochen durchgeführt wurden. Der Zusammenschluss ist in diesem Bereich entscheidend. Allerdings erwies sich die Suche nach einer Partnerschaft um jeden Preis manchmal als kontraproduktiv. Auch wenn eine vereinte Stimme vorzuziehen ist, muss die Wahl der Verbündeten reiflich überlegt werden. Es haben nicht alle den gleichen Willen zur Vereinigung der Kräfte, weil damit vielleicht auch ein wenig Unabhängigkeit und Visibilität zugunsten der Effizienz im Kampf für das allgemeine Interesse geopfert werden müssen.
Mit Stolz kann ich einige Koordinationserfolge auflisten. Dazu gehörte in einer ersten Zeit der Aufbau von bauenwallis. Dann folgte die Gründung von bauenwestschweiz. Der Verband entwickelte sich im Laufe der Zeit zu einem wichtigen Instrument des eidgenössischen Lobbyings, perfekt auf die Anliegen der Westschweiz ausgerichtet und in enger Zusammenarbeit mit bauenschweiz.
Natürlich waren nicht immer nur Erfolge zu verzeichnen. So kam es nicht zur angestrebten Fusion der WIHK und des WGV, mit der die Organisation der kantonalen Wirtschaftsdachverbände rationalisiert werden sollte. Nach mehreren Jahren Einsatz der Bauwirtschaft wurde das Projekt Opfer der Verbindung von konservativen Kräften [im negativen Sinne des Worts].
Es muss ebenfalls festgestellt werden, dass wir trotz der Bemühungen zur Strukturierung der Romandie und zum Aufbau eines Dialogs mit anderen Sektionen bei unserer nationalen Organisation, dem SBV, nie ein offenes Ohr fanden. Der Dachverband wird unserer Ansicht nach immer technokratischer und entfernt sich in seiner Tätigkeit immer weiter von den Sektionen.
Diese Beispiele zeigen die grundlegende Bedeutung des menschlichen Verhaltens auf. Im Herzen der Struktur sind es immer Männer und Frauen, die den Kampf führen oder eben nicht führen. Auch die klarsten Ideen, Visionen und Strategien führen nicht zum Erfolg, ohne die notwendigen Personen um sie umzusetzen.
Da die Ressourcen unseres Verbands nicht unbegrenzt sind und das Risiko offensichtlich ist, dass unser engagiertes Personal überlastet wird, wäre es falsch, unsere gesamten Kräfte für einen Kampf in der Art des Don Quichotte einzusetzen. Ein altes Sprichwort sagt: «Wenn der Esel nicht trinken will…»
Wir müssen deshalb auf gewisse Kämpfe verzichten, die wegen fehlenden Verbündeten nicht gewonnen werden können, und uns mit den verfügbaren Kräften auf Themen konzentrieren, mit denen für unsere Mitglieder ein wirklicher Mehrwert generiert werden kann.
Gegenwärtig muss die Bauwirtschaft nicht mehr der einzige Antrieb für die Vereinigung der Kräfte der Walliser Wirtschaft sein. Der WBV muss nicht mehr seine ganze Energie in die Transformation des SBV stecken, damit er zu einem Organ wird, das auf die Sektionen zugeht. Er muss sich vielleicht eher die Frage stellen, ob er noch Mitglied dieses Dachverbands sein will, der sich immer weiter von seinen Mitgliedern entfernt.
Aber, wie ich erwähnt habe, sind es immer Männer und Frauen, welche die Strukturen leiten. Und mit der Zeit wechseln die Personen in den Schlüsselpositionen. Es kann also sein, dass Kämpfe, die gegenwärtig nicht geführt werden, in einigen Jahren wieder auf dem Tisch eures Vorstands landen…
Aus diesen 16 Jahren Vorstandsarbeit ziehe ich abschliessend folgende Lehre: Es ist entscheidend, dass wir unsere Kräfte einteilen und uns gut überlegen, welche Kämpfe wir führen wollen. Die Ressourcen des WBV sind zwar begrenzt.
Dies ist jedoch nicht der Fall für ihren Einsatz. Mit Hilfe der Reflexionen und der Energie unserer Mitgliederunternehmen wird der Vorstand, den ich heute verlasse, zweifelsohne seine Aktion konsolidieren und diejenigen Schlachten auswählen, die nachhaltig und im gemeinsamen Interesse sind!
Ich danke meinen Kollegen im Vorstand für die ausgezeichnete Zusammenarbeit während all dieser Jahre und dem professionellen Team des Verbands, das jederzeit für Sie da ist. Die 16 Jahre Kampf in gegenseitigem Respekt hinterlassen bei mir die Erinnerung an unzählige bereichernde Begegnungen. Ich wünsche unserem Verband ein lang es Leben und meinen Nachfolgern viel Erfolg!
Alain Métrailler
Präsidenten